MK:

„Eine Sehnsucht macht sich breit. Das Singen der Sirenen rückt aus dem Hintergrund nach vorne.“

Eine Perspektive auf LA MER SOMBRE von Clara Schiltenwolf

Im Theatersaal ankommen.
Auf den Plätzen neben mir:
Das Meer, meine sentimentale Partnerin und die See, meine Liebhaberin.
Eine Sehnsucht macht sich breit. Das Singen der Sirenen rückt aus dem Hintergrund nach vorne.
Auf der sich berührenden Kante zwischen Himmel und Tiefe schwimmen Überreste einer von Reizen überfluteten Welt. Die mich ständig begleitenden Geräusche und Laute, der Verkehrslärm, das Piepen meines Handys, Stimmengewirr. abgespeicherte Nachrichten auf Social Media, Zeilen aus Songs und Theaterstücken, Passagen aus Büchern und Geschichten.
Interviewschnipsel von Youtube, Choreographien und Bewegungen. Gerüche, Abfall, Licht und Dunkelheit.
Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafstörungen, Ängste und Aggressionen.
Alles schwimmt wie letzte Anzeichen einer vergangenen Welt auf der Wasseroberfläche.

Realitäts-Check: Was geschieht auf der Bühne?

Drei Wesen sitzen in einer Badewanne, werfen mit Spaghetti und Worten.
Ausgeklügelte Sätze, deren Baustrukturen sich verwandeln und wieder zu ihnen zurückgeschleudert werden.
Wen erkenne ich? Das ist doch! Die kenn ich doch! Aus diesem Song im Radio und diese! Von Netflix!
Eva. Aschenputtel. Lady Gaga. Rosalía. Beyoncé. Christina Aguilera.
Verheddern, versprechen sich im Plural, verlieren und verlieben sich.
Das Absolute wird zum Absurden getrieben.
Bin ich noch Zuschauer*in oder bestimme ich nun selbst das Spiel?
Erklärt mir doch die Spielregeln. Sprecht mit mir!
Also: 66 Regeln für das Massakerspiel, sprechen sie.
Nun Liebe, Happy End, Romantik. *Zweimal Klatschen*
Zwischen ihnen drei Schauspieler*innen. Zwischen Claude und Marcel. Zwischen Lucy und Suzanne. Zwischen Individuum und Individuum. Die Spannung steigt.

Ein Déjà-vu holt mich ein:
Dies sind alles Protagonist*innen vergangener Träume. Träume von mir und Träume von Claude.
Ich wackle in meinem Sitz hin und her.
Was sind die Möglichkeiten der Liebe? Welche Sätze können wir uns sagen, um nicht zu ertrinken?
Applaus.
Jetzt schwankt auch mein Körper dort zwischen den Figuren meines Unterbewusstseins, die Elementargewalten neben mir wollen mich verschlucken. Doch mein Körper ist nur Metapher. Schönheit, als würde ich mich aus meiner Haut hinausschälen und in die nächste springen. Immer zwischen Fehler und Ideal hin und her.

Ende.
Es wird dunkel. Der Traum beginnt von vorn.
Die rosa Magie.