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Stücktipps aus Schulperspektive

Die Freiheit einer Frau - Nach dem Roman von Édouard Louis // Regie: Felicitas Brucker

….ist eine Hommage des jungen französischen Erfolgsautors Edouard Louis an seine Mutter.

Drei Schauspieler*innen spielen vor einer weißen Wand, also dem ihnen zugewiesenen Raum. Dies symbolisiert den Raum, den man von der Gesellschaft, den Traditionen oder der Erziehung vermeintlich erhält, außer man hat die Idee und Stärke diesen zu durchbrechen.

Ist es möglich, als Frau und Mutter oder nicht dem gewöhnlichen Bild auch eines Sohnes entsprechenden Familienmitglied, den gesellschaftlichen Normen zu entkommen, wenn die eigene Familie stereotypische Denkstrukturen vorgibt? Kann man ausbrechen?

Sohn und Mutter schaffen es irgendwann doch auf unterschiedliche Weise und sogar die Schauspieler, die die gewohnte Bühne verlassen. Viele aktuelle Sprechanlässe für den Unterricht oder nach dem Stück (Klassismus, Identität, Diversität) ab der 9./10. Klasse bietet diese Inszenierung in jedem Fall und changiert zwischen Gewalt und Spaß, wie das Leben eben für manche auch und dazu hat sicher jede(r) Schüler*in was zu sagen.

Cornelia Hausmann, Dante-Gymnasium

Nora - Ein Thriller von Henrik Ibsen u.a. // Regie: Felicitas Brucker

Gewaltiges Bühnenbild trifft auf wunderbares Schauspiel

Hat sich die Rolle der Frau seit Henrik Ibsens Zeit verändert oder ist sie immer noch nur die Nummer zwei wie in der Auflistung im Personenverzeichnis des Textheftes? Mit einem vergnüglichen Introgespräch über die Text- oder Rollengröße der Figuren beginnt die Inszenierung vor einem Haus in einer Schneelandschaft.

Dann geht es aber zur Sache mit einem erstaunlichen Bühnenbild. Das Haus, das eigentlich Schutz bieten sollte, ist komplett ins Wanken geraten ebenso wie die Charaktere auch immer mehr darin straucheln und Mühe haben ihr Leben aufrecht und auf dem rechten Weg zu begehen.

Wer will ich und wer muss ich sein in der Gesellschaft oder habe ich es doch in der Hand etwas zu verändern? Wer ist der Stärkere in einer Beziehung? Die Person, die das Geld verdient oder die, die das Haus zusammenhält? Diese moderne, kurzweilige und kraftvolle Inszenierung bietet Diskussionsstoff (Rollenbilder, Gesellschaft, (Un)Sicherheit, Gewissensfragen) ab der 9./10. Klasse - in den Fächern Deutsch/Religion/Ethik/Fremdsprachen -  und fügt sich ein in die Fragestellungen der Stücke La mer Sombre und Freiheit einer Frau.

Cornelia Hausmann, Dante-Gymnasium

Les Statues rêvent aussi. Vision einer Rückkehr // Regie: Serge Aimé Coulibaly, Jan-Christoph Gockel

Es könnte ein schönes Märchen sein, dass Prinzessin Yennenga und ihr Pferd wiedervereint werden, wenn die Realität nicht wäre. Dieser Realität muss man sich stellen und nicht stumm sein oder keine Worte finden, wie so mancher Politiker. Der weiße Mensch hat in der Kolonialgeschichte viel falsch gemacht und tut es noch. Es geht in diesem Stück um Kunstraub, kulturelle Inbesitznahme und Arroganz, die niemandem zustehen und deren verursachter Schmerz tänzerisch und inszenatorisch eindrücklich dargestellt wird. Dies ist technisch eine Herausforderung, da das Stück gleichzeitig in Togo und München gespielt und jeweils in den anderen Teil der Welt übertragen wird. Es regt zum Nachdenken an, wie absurd und unsinnig einmal mehr die weiße/westliche Welt agiert.

Ein Thema, das durch die hoffnungsvolle Wiederfindung zweier Kunstwerke dargestellt wird und somit die Zuschauer emotional einbindet. Für Schüler*innen ab der 10. Klasse sehr geeignet, um Themen der Fächer Geschichte oder Fremdsprachen aufzugreifen und auch etwas französisch zu hören. Aber keine Sorge, alles ist auch einem rein deutschsprachigen Publikum zugänglich. Bon spectacle.

Cornelia Hausmann, Dante-Gymnasium

La mer sombre - Mit Texten und Gedanken von Claude Cahun // Regie: Pınar Karabulut

« Wo gehst du hin ? » - « Eine Sirene verführen.“

Ein vergnüglich moderner, bunter und poetischer Abend mit Texten der Surrealistin Claude Cahun zur Frage wer bin ich oder wer will ich sein. Auch wenn er Zerrissenheit spiegelt und Cahun sicherlich surreale Bilder zeichnet, die nicht so plüschig daherkommen, wie das schöne Herz auf der Bühne.

Das Thema ist so aktuell und fluid wie die Frisuren und Kostüme der Schauspieler, die grandios akrobatisch sowohl den Text als auch ihre Körper durch den Abend und die Geschlechter, aber auch beizeiten durch einen Metallbogen fließen lassen.

Leider hatte die als Lucy Schwob geborene Französin durch die Nationalsozialisten als Jüdin und couragierte nichtbinäre KünstlerIn großes Leid erfahren. Diese Inszenierung gibt jedoch viel Schwung und Hoffnung für immer neue Selbstfindung oder Transformation. Jeder geht also wohin man möchte, manchmal auch zu dritt in die Badewanne, die wohlriechend auf der Bühne schäumt.

Die Inszenierung bietet eine tolle Grundlage für Diskussionen im Unterricht (zu Themen wie Identität, Gender, Kultur aber auch der deutschen Geschichte für etwa Religion/Ethik, Deutsch oder Fremdsprachen) oder nach der Vorstellung und kann durchaus ab der 9. oder 10. Klasse besucht werden.

 Cornelia Hausmann, Dante-Gymnasium