MK:

Digitales Programmheft "Anti War Women"

Well behaved women seldom make history!

Dieser Abend ist Inspiration und Eröffnung des Festivals „Female Peace Palace“: Mit ihrer Stückentwicklung beleuchtet die Regisseurin Jessica Glause nach „Bayerische Suffragetten“ ein weiteres vergessenes Kapitel der Münchner Frauenbewegung und vernetzt das feministische Erbe unserer Stadt mit heutigen Debatten.

Den Ausbruch des Ersten Weltkriegs beschreiben die Münchner Feministinnen Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann 1914 als „größtes Verbrechen“ und „Kulminationspunkt männlicher Raff- und Zerstörungswut“. Der Krieg unterbricht ihre Kämpfe um das Frauenwahlrecht. Er bedroht das mühsam eroberte freie Leben als Frau im libertären und künstlerfreundlichen München, wie es die Schriftstellerin Franziska zu Reventlow noch wenige Jahre zuvor lebte. Und er bedroht die Möglichkeit in den Schlupflöchern der Gesetzgebung Abtreibungen und Aufklärung über weibliche sexuelle Lust und Verhütung anzubieten, wie es die erste Gynäkologin Münchens, Hope Adams Bridges Lehmann, praktizierte.

Die Stückentwicklung „Anti War Women“ blickt auf den Friedenskongress als Ereignis transnationaler Solidarität und verschneidet Auszüge aus den originalen Reden und Resolutionen von Augspurg, Heymann, Jacobs, der ungarischen Delegierten Rosika Schwimmer, und der US-Amerikanerin Jane Addams, die die Präsidentschaft des Kongresses übernahm, mit den individuellen Haltungen und Handlungen von drei weiteren Frauen. Über den gesamten Abend verfolgen wir den autobiografischen Bericht „Die Kehrseite des deutschen Wunders“ der Schriftstellerin Franziska zu Reventlow, die ihrem Sohn Rolf in Kooperation mit Fischern und Schmugglern zur Fahnenflucht in die Schweiz verhilft. Hope Adams Bridges Lehmann, die mit Clara Zetkin und dem Pazifisten Ludwig Quidde befreundet ist, setzt 1914 ein eigenmächtiges Zeichen gegen nationalistische Propaganda: Sie reist auf eigene Faust nach England, um Stimmen von englischen Kriegsgegnern zu sammeln und anonym in Deutschland zu veröffentlichen. Inmitten des Abends schaltet sich schließlich die afroamerikanische Bürgerrechtlerin und Suffragette Mary Church Terrell ein, um daran zu erinnern, dass Kriege auch befreien können.

„Dieser Friedensschluss, den wir alle ersehnen, trägt das Schicksal Europas im Schoß.“

- Hope Adams Bridges Lehmann in ihrem Bericht „Kriegsgegner in England“