What is the City #8: Europäische Werte vs. Menschenrechte

Menschenunwürdige Lager, Push-Back-Operationen, Kriminalisierung von Seenotretter*innen, das Verbrennen von Reisepässen, das Brechen von Knochen, um die Weiterreise zu verunmöglichen - das alles passiert systematisch. 70 Jahre nach Verabschiedung der Genfer Flüchtlingskonvention hat Europa die Weichen gestellt und die gezielte und massenhafte Verletzung von Menschenrechten zur dauerhaften Grundlage seiner Migrationspolitik gemacht. Es nimmt dabei in Kauf, dass die Zahl der unmarkierten Gräber und der Menschen, die entlang der Migrationsrouten verschwinden, immer weiter ansteigt.
Was hier stattfindet, ist ein Kampf um das kulturelle Selbstverständnis des zukünftigen Europas. Denn es stimmt nicht, dass diese Politik mit “den europäischen Werten” nicht vereinbar ist. Das Gegenteil ist wahr: Durch das Grenzmanagement konstituiert sich überhaupt erst eine europäische Exekutive auf administrativer Ebene. Die hier vertretenen Werte sind damit das strukturelle Fundament einer zukünftigen EU. Wollen wir das? Reden wir über den Kulturkampf jenseits der Lager. Reden wir über die neuen europäischen Werte.

Bernd Kasparek ist Kulturanthropologe, Migrationsforscher und Aktivist mit Schwerpunkt auf der Untersuchung von Grenzregimen. Soeben erschienen ist seine Ethnographie der Grenzschutz-Agentur Frontex, “Europa als Grenze”. Er ist Gründungsmitglied des Netzwerks für kritische Migrations- und Grenzregimeforschung kritnet und im Vorstand der Forschungsassoziation bordermonitoring.eu.

Dr. Nidžara Ahmetašević ist Journalistin und unabhängige Forscherin. Promoviert wurde sie an der Universität Graz. Sie beschäftigt sich u.a. mit Demokratisierungprozessen und Medien-Entwicklung in Post-Konflikt-Gesellschaften, transitionaler Gerechtigkeit, Vergangenheitsbewältigungs-Prozesse, Medien- und politische Propaganda, Menschenrechte und Migration. Report: New pact on asylum (PDF).