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MK:

Was ist jüdische Musik?
Що таке єврейська музика?

Regie und Text: Anastasiia Kosodii

 Werkraum
 1 Stunde
 In ukrainischer, deutscher und russischer Sprache sowie mit ukrainischen und deutschen Übertiteln
 15 Euro, 6 Euro ermäßigt
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 In ukrainischer, deutscher und russischer Sprache sowie mit ukrainischen und deutschen Übertiteln
 15 Euro, 6 Euro ermäßigt

Eine Recherche über die Operation Wisła, in der 1947 ein Großteil der in Polen lebenden ukrainischen Bevölkerung zwangsumgesiedelt wurde, gerät unerwartet zur Frage nach der Komplizenschaft des ukrainischen Ur-Großvaters mit der deutschen Besatzung in Polen. Unterstützte der Ur-Großvater als Hilfspolizist die militarisierten Nationalisten der UPA (Ukrainische Aufständische Armee), die für die Ermordung polnischer Zivilist*innen sowie jüdischer Bürger*innen in Polen und der Ukraine verantwortlich waren?

Mit aufmerksamen und feinfühligen Blick folgen Text und Inszenierung den Erinnerungsspuren der europäischen Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts. Wo brechen Spuren ab, wo fehlen sie? Wo überlagern oder widersprechen sich Erinnerungen? Die Suche nach abseitigen, vergessenen und verdrängten Geschichten einer gewaltvollen ukrainischen, jüdischen, deutschen und polnischen Vergangenheit erfordert ebenso eine dezentrale und transnationale Perspektive wie auch ein vielstimmiges Erzählen. Über sie tun sich Schauplätze auf, an denen Vergangenes und Gegenwärtiges in Konstellation zueinander eine plötzliche Aktualisierung bewirken. Was bedeutet der Erzählstimme der Besuch der Schlucht von Babyn Yar, wo am 29. und 30. September 1941 deutsche Mördertrupps und ihre Helfer mehr als 33.000 Jüdinnen und Juden erschossen? Während der deutschen Besatzung wurden hier über den 30. September hinaus zehntausende jüdische Kyiver*innen, Sinti*zze und Rom*nja, Kommunist*innen, sowjetische Kriegsgefangene, ukrainische Nationalist*innen, Homosexuelle und Menschen mit Behinderung ermordet.

„Was ist jüdische Musik?“ der vielfach ausgezeichneten ukrainischen Dramatikerin Anastasiia Kosodii zeugt, ebenso wie ihre Uraufführung des Textes an den Münchner Kammerspielen, von den Bedingungen eines Erzählens in Konstellation. Zusammen mit den Liedtexten des Musikers Yuriy Gurzhy und dem Filmmaterial des Videokünstlers Nikolay Karabinovych; zwischen den Schauplätzen Saporischja und Nowoslatopil, Charkiw und Kyiv, Popasna, Perwomaisk, Berdjansk und Stachanow kreuzen sich die Erzählstränge. Im Zwischenraum des Erzählens werden Fragen aufgesammelt und Antworten in der Schwebe gehalten. An den Bruchstellen der einen Erinnerung werden Verknüpfungen zu anderen gesucht.

Im Anschluss an die Premiere am Samstag, 18.12 werden sich die Beteiligten der Produktion bei einem Publikumsgespräch (vor Ort und im Live-Stream) in englischer Sprache der Frage zuwenden, inwiefern Erinnerung und Formen der Erinnerungskultur umkämpft sind. Wie unterscheidet sich Erinnerungsarbeit in der Ukraine und in Deutschland? Welche Traditionen der Erinnerungskultur werden von dominanten Mehrheitsdiskursen verdrängt? Welchen Beitrag können Erinnerungskulturen zum Selbstverständnis einer Gesellschaft leisten und wie schaffen wir verbindende Erinnerungstraditionen? Offene Fragen, die nach gesellschaftspolitische und künstlerischen Auseinandersetzung verlangen.

In Zusammenarbeit mit dem Kyiver Theatre of Playwrights.
In Kooperation mit der Stiftung “Erinnerung, Verantwortung, Zukunft (EVZ) und mit Mitteln des Bundesfinanzministeriums.

Im Anschluss an die zweite Vorstellung am Sonntag, 19.12 versuchen wir den Titel des Theaterabends ernst zu nehmen: „Was ist jüdische Musik“. Neben Yuriy Gurzhy, der die Theaterproduktion als Musiker mitgestaltet, wird sich auch Daniel Grossmann, Gründer und künstlerischer Leiter des Jewish Chamber Orchestra Munich, an der Gesprächsrunde in deutscher Sprache beteiligen. Zufälligerweise initiierte er Anfang 2021 in München ein gleichnamiges Projekt: „Was ist jüdische Musik?“.

Kürzlich veröffentlichte zudem Yuriy Gurzhy sein Buch „Richard Wagner und die Klezmerband: Auf der Suche nach dem neuen jüdischen Sound in Deutschland” (Ariella Verlag, 2021).

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Entfernte Nachbar*innen Kyiv-München
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